Der ehrbare Kaufmann

Welche Rolle hat das klassisch überlieferte Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“ in der heutigen Geschäftswelt? Was macht einen „Ehrbaren Kaufmann“ aus? Wie wirtschaftet er? Welchen Tugenden folgt er?
Das kann nicht jeder.
Als klassische Verwirklichung des „Ehrbaren Kaufmanns“ wird der Groß- und Fernhandelskaufmann in Venedig des 11. und 12. Jahrhunderts betrachtet. Durch tugendhaftes Verhalten (Ehrsamkeit) wird ihm von der Gesellschaft Anerkennung gezollt. Kaufmannsgilden setzen Normen, die dem Kaufmann eine bestimmte Lebensführung vorschreiben. Bestimmte Verhaltensnormen werden Kaufleuten auferlegt und von Mitbürgern der Gesellschaft bewertet. Im schlimmsten Fall können sie von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

Welche Tugenden fehlen Ihrer Ansicht nach?

… Integrität, Authentizität, Dynamik und Erfolgsorientierung, Perfektionismus: no tolerance, 100 % Handschlag – tun, was man sagt, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit, Einhalten von Absprachen, Empathie, Kant’scher Imperativ, Emotionalität, Toleranz, Offenheit, Klarheit, Nachhaltigkeit, interkulturelles Wissen sowie Kardinaltugenden und die goldenen Regeln des Augustinus … Glauben Sie, dass Manager zwischen privater und beruflicher Ehrbarkeit unterscheiden? 39 % der Befragten geben an, dass Manager zwischen privatem und beruflichem Umfeld unterscheiden.

Glauben Sie, dass individueller Erfolg, Karriere und ehrbares Verhalten miteinander vereinbar sind? Die langfristige Vereinbarkeit von individuellem Erfolg, Karriere und ehrbarem Verhalten wird zwar prinzipiell bestätigt, 56 % der Befragten haben jedoch Bedenken, was die kurzfristige Vereinbarkeit von Erfolg und ehrbarem Verhalten angeht, und sehen ein passendes Umfeld als Voraussetzung. 

Durch wen wird ehrbares Verhalten im Unternehmen gelebt? 

Einigkeit herrscht in der Überzeugung, dass ehrbares Verhalten top down gelebt werden muss. Vorstand und Geschäftsführung sind in der Verantwortung, ehrbares Verhalten vorzuleben. Die Umsetzung basiert allerdings auf einer sehr individuellen Ebene. Gelebt wird ehrbares Verhalten von einzelnen Persönlichkeiten, unabhängig von Hierarchieebenen. 

Grundthesen:
Ehrbarkeit bedeutet Erfolg. Man trifft sich im Leben immer zwei Mal! Primat der ‚Älteren‘ besinnen sich auf Werte. Konzerne sind wirklich gefährlich für Deutschland. Den Begriff der Demut gibt es in Großkonzernen nicht! 
Welche Rolle spielt der „Ehrbare Kaufmann“ in den Unternehmen? Spielt Ehrbarkeit bei der Rekrutierung eine Rolle? Ehrbarkeit spielt bei der Rekrutierung eine Rolle, wird aber eher unbewusst vorausgesetzt. 
Auf welche Art und Weise evaluieren Sie die Ehrbarkeit bei Rekrutierungen? Ehrbarkeit wird nicht strukturiert hinterfragt oder erfasst. Aus der Summe der Antworten, Beschreibungen, Aussagen und Eindrücken, während des Interviews entwickelt sich ein „Bauchgefühl“. Im Einzelfall werden Referenzen als wichtiges Tool gesehen. Welche Erwartungen haben Sie an Ihr HR-Management/an HR-Beratungen, um ehrbares Verhalten bei der Rekrutierung abzusichern? 


Erwartet wird eine strukturierte Herangehensweise durch Personalinstrumente um ehrbares Verhalten möglichst gut abzusichern. Dazu gehört z.B., Referenzen einzuholen und Attribute zu checken. Gewünscht wird außerdem eine strukturierte Vorgehensweise mit vergleichbarer Stichprobe. In der Regel werden diese Anforderungen nicht explizit eingefordert. 

In welcher Form ist Ehrbarkeit in Ihr Unternehmensleitbild integriert? 

57% der Unternehmen haben Ehrbarkeit in ihr Leitbild integriert in Form von Führungsgrundsätzen, Wertattributen, Verhaltenskodizes oder definierten Grundwerten. Für 82% der befragten Unternehmen hingegen ist ehrbares Verhalten kein Bestandteil von Trainingsmaßnahmen. Dennoch spiegelt bei 47% der befragten Unternehmen sich Ehrbarkeit in der Strategie des Unternehmens wider, z.B. durch Ablehnung von Geschäften und die Fokussierung auf langfristige Kundenbeziehungen. 

Thesen:
Es ist mir lieber, er ist ein Mafioso und steht dazu. Der Unterschied zwischen Mittelstand und Konzern ist: Mitarbeiter vor Rendite. Das Wort gilt! (Ehrbares Verhalten) stört am Anfang, hilft am Ende. Walk the talk – tun, was man sagt.
Was bietet das Umfeld zur Entwicklung des „Ehrbaren Kaufmanns“?
Die Einflussfaktoren des „Ehrbaren Kaufmanns“ heute. Welche Einflussfaktoren sind für Manager wichtig, um die Tugenden des „Ehrbaren Kaufmanns“ zu fördern? Den größten Einfluss auf ein ehrbares und tugendhaftes Leben haben die Eltern – gefolgt von der Familie, dem direkten Vorgesetzten und dem Unternehmen. 
Was sind Ihre Erwartungen an Ausbildungsinstitute, um die zukünftigen Manager zu „Ehrbaren Kaufl euten“ zu erziehen? Was ist die Aufgabe einer Universität? 70% der befragten Unternehmen geben an, dass Universitäten in der Verantwortung stehen, das ganzheitliche Denken sowie Verantwortungsbewusstsein zu fördern und den Nutzen von ehrbarem Verhalten praktisch erlebbar zu machen. 30% der befragten Unternehmen haben keine Erwartungen an die Hochschulen. Sie vertreten die Meinung, dass Universitäten lediglich die Verantwortung für die Lehre von Fachwissen tragen und Ehrbarkeit nicht gelehrt werden kann, sondern nur durch Vorbilder erlebbar gemacht wird.

Thesen:
… wenn ich nachts gut schlafe und mich morgens ruhig im Spiegel betrachten kann. Wenn wir uns mehr in die Augen sehen würden, müssten wir weniger diskutieren. Die goldenen Regeln des Augustinus. Mutual Respect intern und auch gegenüber den Kunden! 

Welches Fazit kann gezogen werden? - Die vier Dilemmas 

1. Langfristige versus kurzfristige Betrachtungsweise/Konflikte mit anderen Zielgrößen 

Der Manager lebt ständig in dem Konflikt, sich einerseits an den Werten des „Ehrbaren Kaufmanns“ zu orientieren und sie vorleben zu wollen und andererseits die kurzfristigen Erwartungen seiner renditeorientierten Stakeholder zu erfüllen. 

2. Institutionalisierte Umsetzung versus persönliche Vorbildfunktion 

Die Manifestierung von Elementen der Tugenden in Leitbildern und Verhaltenskodizes ersetzt nicht die Vorbildfunktion des Top-Managements und der direkten Vorgesetzten. Die Erwartung an das Management, in seiner Vorbildfunktion wertorientiertes Verhalten zu zeigen, ist weder definiert noch artikuliert. Eine Vorbildfunktion wird stillschweigend vorausgesetzt, obwohl die Beurteilung von ehrbarem Verhalten nicht ausreichend in den strukturierten Unternehmensprozess integriert ist. 

3. Einfluss des Umfelds versus Eigenverantwortung 

Das Elternhaus wird als ausschlaggebender Einfluss bei der Prägung von ehrbaren Tugenden gesehen. Schule und Universitäten können nur noch unterstützend dienen. Wenngleich das gesellschaftliche Umfeld einen großen Einfluss hat, können Manager die Eigenverantwortung nicht ablegen. 

4. Evaluierung der „Soft Facts“ versus „Hard Facts“ im Auswahlprozess 

Messbare Größen und quantitative Werte stehen im Vordergrund, wenn Sachverhalte rational argumentiert werden müssen. Die „Soft Facts“ wie Integrität, Verlässlichkeit und Aufrichtigkeit werden dabei vorausgesetzt, aber nicht explizit hinterfragt. Eine strukturierte Vorgehensweise für die Darstellung solcher „Soft Facts“ ist zwar gewünscht, wird aber nicht eingefordert.

Zusammenfassung

Manager befinden sich in einer Zwangslage, sie sehen sich im Unternehmensalltag mit mehreren Konflikten konfrontiert. Demnach werden von der Mehrheit der befragten Manager die Tugenden des „Ehrbaren Kaufmanns“ zwar als ideal angesehen, aus geschäftspolitischen Gründen in der Realität aber nur marginal umgesetzt. Ziel einer Wertedebatte darf es also nicht sein, auf das Fehlen von „ehrbarem Verhalten“ bei Managern hinzuweisen, es geht vielmehr darum, die Rahmenbedingungen für Manager zu verbessern, um werthaltiges Wirtschaften erst möglich zu machen und danach konsequent einzufordern. „Wertorientierung“ wird als äußerst wichtig erachtet und vorausgesetzt, obwohl sie nicht genügend thematisiert wird. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, um den Stellenwert von „ehrbarem Verhalten“ zu erhöhen. Dazu gehört unter anderem, dass man durch ehrbares Verhalten Anerkennung innerhalb der Unternehmen sowie der Gesellschaft erlangen kann. Der finanzielle Erfolg darf nicht alleine im Vordergrund stehen, sondern auch die Art und Weise, wie er erwirtschaftet wird, muss mehr Beachtung finden. Dabei bedarf es der Zusammenwirkung des familiären Umfelds, der Schule, der Unternehmen, der Gesellschaft, der Politik, der Religion sowie der Medien. In letzter Konsequenz ist jeder für sein Handeln selbst verantwortlich.Quelle: Boyden International GmbH, Der „Ehrbare Kaufmann“ (nach eine Umfrageanalyse der Boyden International GmbH) in der heutigen Geschäftswelt von Karin Peschl

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