Vor allem, sei gut!

Von der Kunst, seine Potenziale zu entwickeln

Einerseits hat „gut sein“ eine ethische Dimension, die bedeutet, nicht zu töten oder zu verletzen, die Grenzen von anderen zu akzeptieren und nicht etwas zu wollen, das einem nicht gehört etc. Und andererseits bedeutet „gut sein“ auch besondere Fähigkeiten, „skills“, zu haben. Aber Fähigkeiten erscheinen nicht aus dem Nichts. Somit gilt: „Gut sein“ beruht vor allem auf der Fähigkeit, besser zu werden!

Wir wollen alle besser sein. In einem Managementseminar habe ich einmal einen anderen Satz aufgeschnappt: „Wenn jemand 15 – 20 Jahre lang konsequent eine Fähigkeit übt, dann kann er sie wirklich gut.“ Der Satz stimmt, aber wo führt er hin? Wir können es sehr gut an Sportlern ersehen. Wer 15 Jahre eine Sportart übt, der kann sie wirklich gut. Es ist aber nicht sicher, ob man es trotz dieser Anstrengung bis zu den höchsten Stufen des Sports schafft. Für wirkliche Spitzenleistungen sind besonderes Talent, Verletzungsfreiheit und ein passendes Umfeld notwendig.
Was ist nun mit der ethischen Komponente? Auch hier ist sie wichtig. Wir erkennen auch an Sportlern, dass ihr Ruf nicht nur von ihren Leistungen, sondern auch von Fairness, dem Umgang mit Menschen und von ihrer Reaktion in Krisen und bei Niederlagen abhängt. So kann man – mit Glück – nahezu unsterblich werden.



Wie wird man unsterblich?

Hier geben uns die Mythen und Sagen interessante Hinweise. Die perfekten Helden haben jedenfalls beide Aspekte des „Gut-Seins«. Zunächst außergewöhnliche Fähigkeiten, wobei hier vielfach Kraft, Geschicklichkeit und Schlauheit zusammenspielen. Es ist ja nicht so leicht, einen „Drachen“ oder „Löwen“ zu töten. Und wie ist es mit der ethischen Komponente? Diese Helden der Mythen und Sagen setzen ihr Leben ein. Warum tun sie es?

Zunächst haben sie ihre Fähigkeiten, und es reizt sie, diese Fähigkeiten an schwierigen Aufgaben zu erproben. In vielen Mythen ist es die Liebe, die die Helden antreibt. In Griechenland heißt der Held „Heros«. Hier ist „Eros«, der Gott der Liebe, schon im Namen enthalten. Ein Held ist somit jemand, der eine sehr schwierige Aufgabe löst, die aber notwendig und recht ist und hilfreich für eine bedrängte Gemeinschaft. Durch diese Aufgabe verwandelt er sich in ein göttliches Wesen. Wir sind noch nicht dort, aber was können wir davon übernehmen, um unsere eigenen Potenziale zu entwickeln?

Das Kniffligste: Die richtige Aufgabe finden

Der Beginn ist nicht nur schwierig, weil man weiß, dass man die Komfortzone verlassen muss. Es kann sehr lange dauern, bis man jene Aufgabe für sein Leben finden, bei der sowohl das Bewusstsein als auch die unbewussten Kräfte des Menschen einer Meinung sind. Wenn nur ein Teil des Wesens auf ein großes Ziel zustrebt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, das Ziel auch zu erreichen, gering. Möglicherweise ist dies ein Grund, warum sich so wenige Menschen große Ziele zutrauen.
Wenn man das rechte Ziel erkennen will, muss man seine Potenziale, Fähigkeiten, seine spezifische Stärke und Eigenart erkennen oder zumindest erahnen, denn diese sind üblicherweise noch nicht voll entwickelt. Kleine und damit erreichbare Ziele können dabei den Weg zur eigentlichen Aufgabe des Lebens sogar verstellen. Manches Ziel kann so groß sein, dass jemand von einem „Herzenswunsch“ träumt, aber lange Zeit nicht erkennt, dass er das wahre Ziel ist.

Es gibt auch die Möglichkeit, dass von einer höheren Warte Weichen gestellt werden. So können Entscheidungen aus welchen Gründen auch immer fallen und man erkennt dann erst viel später ihre übergeordnete Richtigkeit.
„Vor allem sei gut!“ Dies war die Devise. Es genügt nämlich nicht ein großes Ziel anzustreben, das große Fähigkeiten benötigt bzw. entwickelt. Das Ziel muss auch eine ethische Qualität besitzen. Hier können „große Ziele“ auch verführen und man wirft seine Skrupel weg. Dann kann ein Leben in die falsche Richtung gehen und trotz großer  (Schein)erfolge scheitern. Mit einer Entscheidung gegen ein ethisch einwandfreies Leben wird man kein tiefes inneres Glück empfinden.

Das Schwierigste: Durchhalten

Große Ziele sind schwierig zu erreichen. Darum sind sie auch erstrebenswert und trotzdem werden sie nicht von vielen Menschen angestrebt. Wenn man begonnen hat, und es erscheinen Hürden, dann benötigt man außergewöhnliche Fähigkeiten, die man nun rasch entwickeln muss. Man kann es aber auch als Vorteil ansehen, denn die Anstrengung, sich diese Fähigkeiten anzueignen, macht man üblicherweise nur, wenn es eng wird, wenn man Druck hat. Dies ist auch einer der Gründe, warum fordernde Ausbildungssysteme zumindest starken Menschen sehr helfen.
Durchhalten hat mit einem großen Glauben an sich selbst zu tun!
Auch beim Durchhalten hat die ethische Komponente eine wichtige Rolle. Gerade in Schwierigkeiten, kann man Prinzipien fallen lassen, die dann in der Folge nicht nur den Erfolg in einem schlechten Licht erscheinen lassen, sondern vielfach das Scheitern auslösen.
Durchhalten ist auch eine Kunst. Durchhalten kann sogar erfordern, das Ziel für die richtigen Prinzipien zu opfern. Dann wird der Weg zum Ziel. Der Weg erhält dann die Würde, die ihn als Beispiel überdauern lässt. Man denke dabei an Sokrates, der sein Todesurteil annahm, das Angebot zur Flucht ausschlug, und durch seinen würdevollen Tod „unsterblich“ wurde.

Durchhalten heißt noch flexibel sein. Wenn ein Weg nicht gangbar ist, dann muss man einen neuen suchen. Man kann dann einen Lösungsversuch aufgeben, aber das Ziel noch immer „im Hinterkopf“ haben. Es sieht möglicherweise nach einem Scheitern aus, aber solange man das Ziel nicht vergisst und Chancen erkennt und durch konsequentes Handeln nicht vorbeiziehen lässt, ist man nicht gescheitert.
Durchhalten heißt auch, ein Ziel wieder loslassen können. Nicht jedes Ziel ist erreichbar. Loslassen heißt, weder zu flüchten, noch sich völlig zu verkrampfen und zu verbeißen. Auch in diesem Aspekt steckt Würde, eine wichtige Eigenschaft für Helden.

Das Spannendste: Die konkreten Hürden

Große Ziele und Aufgaben benötigen oft ganz spezielle Fähigkeiten, die zu entwickeln sind. Jedes Projekt hat seine ihm eigenen Hürden. Die auftretenden Hindernisse haben üblicherweise zwei grundsätzliche Ursachen: Erstens besondere Anforderungen der Aufgabe und zweitens, allfällige Schwächen des Durchführenden. Daraus ergibt sich: Überwindung ist gefordert und natürlich auch Kreativität.
Hürden sind dazu da, um überwunden zu werden. Um eine Hürde überwindbarer zu machen, sollte man sie nicht als äußeres Problem sehen, sondern als eigene Probe, an der man wachsen kann. „Probleme“ lösen Stress aus, „Proben“ lassen Energien sammeln. Überwundene „Probleme“ lösen, auch wenn man sich nur daran erinnert, noch Stress aus. Überwundene „Proben“ heben das Selbstbewusstsein und die innere Ruhe. Dies ist eine große Hilfe in zukünftigen schwierigen Situationen.
Wer die „Probleme“ nur von außen hereinstürzend wahrnimmt, der unternimmt keine Anstrengungen, sich selbst zu verbessern, sondern fühlt sich nur als Opfer. Wer „Proben“ wahrnimmt, übernimmt Verantwortung und transformiert sich. Er empfindet sich als „Herr über das Schicksal«.

„Vor allem sei gut!“ als Transformations- und Führungswerkzeug

Einfache Haltungsänderungen verändern somit viel. Das Programm „Vor allem sei gut!“ ist ein Transformationswerkzeug für jeden einzelnen Menschen, aber wieviel wirksamer wird dieses Motto, wenn es gelingt eine Gruppe oder eine Organisation mittels dieses Mottos zu vereinen und effektiver zu machen. Wenn die Idee einer nachhaltigen Selbstverbesserung und eines hohen ethischen Programms eine Gruppe oder gar eine Gesellschaft eint, dann ist wirklich Großes zu erwarten. Eine solche Gemeinschaft ist stark und erweckt wegen ihrer ethischen Entwicklungshöhe berechtigt Vertrauen.

Zusammenfassend gilt: Das Knifflige ist die Suche nach der Aufgabe. Der Mensch träumt, sucht, grübelt, probiert, irrt und zweifelt. Von außen merkt man davon nicht viel. Wer würde auch vermuten, dass da jemand das Potenzial hat, vielleicht einmal einen „Drachen“ zu erlegen. Wenn wir es aber gut  machen, brauchen wir niemals klagen, unseren Traum nicht gelebt zu haben. Beim Entwickeln der Potenziale brauchen wir Durchhaltevermögen. Je bewusster jemand in dieser Phase vorgeht, desto wahrscheinlicher ist das Durchkommen.

Dann brauchen wir nur mehr die großen Taten vollbringen. Wirklich groß werden sie wegen der Hürden, Schwierigkeiten und Proben, die auf dem Weg zum Ziel überwunden werden müssen. Das erfordert Arbeit, Konzentration und etwas Überwindung. Da das Ziel aber schon klar vor uns liegt, ist es nur eine Frage der Zeit, das Ziel auch zu erreichen. „Vor allem sei gut!“  ist also ein Programm, Potenziale in einem umfassenden Sinne zu erkennen und zu entwickeln.

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Quelle: Internet-Artikel, Abenteuer Philosophie, abgerufen am 20.10.20 unter https://www.abenteuer-philosophie.com/von-der-kunst-seine-potenziale-zu-entwickeln/, von Dr. Wigbert Winkler, veröffentlicht am 25. Mai 2018

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